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19.8.1968
Gemeinde von Richtern "niedergeprügelt"
Die Weigerung der Gemeinde Walpersdorf, zur Errichtung der Grube eine Genehmigung zu erteilen, wurde in der schriftlichen Urteilsbegründung verhältnismässig scharf kritisiert - "Verhütung von Belästigungen ist nicht die Aufgabe der Gemeinde!"', '"Die Gemeinde Walpersdorf wird durch die Entscheidungen der Regierung von Mittelfranken und des Landratsamtes Schwabach über die Genehmigung des Sondermüllplatzes in ihren Rechten als Selbstverwaltungskörperschaft nicht verletzt." Dies erklärte die III. Kammer des Verwaltungtungsgerichts Ansbach in der jetzt vorliegenden Begründung des Urteils, mit dem die Klage der Gemeinde Walpersdorf gegen den Freistaat Bayern abgelehnt wurde. Die Gemeinde Walpersdorf hat nunmehr die Möglichkeit, innerhalb eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München einzulegen. Bis jetzt ist beim Verwaltungsgericht eine Berufung der Gemeinde noch nicht eingegangen.


In der schriftlichen Urteilsbegründung erklärte das Ansbacher Verwaltungsgericht weiter, dem "Zweckverband Sondermüllplätze Mittelfranken" habe die Genehmigung für den Sondermüllplatz in der Gemeinde Walpersdorf erteilt werden müssen, "weil keine öffentlichen Belange der Verwirklichung dieses nach § 35 des Bundesbaugesetzes privilegierten Vorhaben entgegenstehen". Weiter erklärte das Verwaltungsgericht: "Die Gemeinde kann es nicht verhindern, dass der Zweckverband mit seinem Anspruch auf Baugenehmigung durchgedrungen ist, indem sie sich auf ihre Planungshoheit und ihr Selbstverwaltungsrecht oder auf andere ihr als Gemeinde zustehende Rechte beruft".

Die Gemeinde Walpersdorf hätte nach der Ansicht des Verwaltungsgerichts ihr Einvernehmen zur Errichtung des Sondermüllplatzes nicht versagen dürfen. Das Landratsamt Schwabach habe zu Recht anstelle der Gemeinde im Wege der Rechtsaufsicht die Zustimmung zur Errichtung des Sondermüllplatzes in Walpersdorf erteilt.

Das Vorhaben des Zweckverbandes, einen Müllplatz im Nordwesten der Gemeinde Walpersdorf anzulegen und zu betreiben, sei planungsrechtlich als Ganzes anzusehen, auch wenn das Vorhaben verschiedene bauliche Anlagen umfasse. "Zu dem Vorhaben gehört allerdings nicht die vom Zweckverband bereits vorgesehene Verbrennungsanlage, denn um deren Genehmigung hat er bisher noch nicht nachgesucht", erklärte das Verwaltungsgericht weiter.

"Diese Verbrennungsanlage muss auch nicht unbedingt auf dem Gelände des Sondermüllplatzes errichtet werden". Dieser Satz ist der einzige in der ganzen Urteilsbegründung, der für die Gemeinde Walpersdorf günstig ist.

Das Verwaltungsgericht stellte in seiner Urteilsbegründung fest, der Rechtsanspruch des Zweckverbandes, der sich im Rahmen kommunaler Zusammenarbeit auch mit der unschädlichen Beseitigung von Abfällen befassen dürfte, erstrecke sich nicht nur auf die Genehmigung des Sondermüllplatzes mit Betriebsgebäude, sondern auch auf die Erteilung der Baugenehmigung für die Kasetten und die Einfriedung. Die Gemeinde habe die Genehmigung nicht durch Berufung auf ihre Planungshoheit verhindern können. Die Planungshoheit der Gemeinde sei nicht nur durch § 35 Bundesbaugesetz, sondern auch durch die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes begrenzt.


Das Gelände des Müllplatzes gehöre zum Aussenbereich der Gemeinde Walpersdorf. Für das Gebiet bestehe kein Bebauungsplan. Der Müllplatz liege auch nicht innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile von Walpersdorf. Daran ändere auch nichts, dass sechs Wohnhäuser im Nordwesten der Gemarkung von Walpersdorf in geringer Entfernung zu dem Müllplatz stehen und dass sich diese Gebäude wiederum an die Vogelherd-Siedlung anschliessen. "Dadurch entsteht nämlich kein im Zusammenhang bebauter Ortsteil, an den der Müllplatz angrenzen könnte - das wäre nur der Fall, wenn das Gebiet zur Gemarkung einer einzigen Gemeinde gehören würde" erklärte das Verwaltungsgericht unter Hinweis darauf, dass die sechs Häuser zu Walpersdorf gehören, während die Vogelherd-Siedlung in der Stadt Schwabach liegt.

"Ohne Bedeutung" ist es nahc Auffassung der III. Kammer des Verwaltungsgerichts weiter, dass im Norden des Sondermüllplatzes - jenseits der Bundesstrasse 2 - acht Wohnhäuser und vier Betriebs- und Lagergebäude stehen. "Selbst wenn diese Siedlung am Falbenholzweg im Bereich der Gemarkung Walpersdorf überhaupt als ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil und nicht als ausgedehntere Splittersiedlung anzusehen wäre, so besteht jedenfalls zwischen und dem im Nordwesten des Müllplatzes errichteten Häusern auf den Gebiet der Gemeinde Walpersdorf keinerlei baulicher Zusammenhang".

Die Auffassung, dass der Sondermüllplatz ein privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 des Bundesbaugesetzes sei, begründete das Verwaltungsgericht damit, "dass ein Platz, auf dem der in der Satzung des Zweckverbandes beschriebene Müll gelagert werden soll, nicht in den Bereich einer im Zusammenhang bebauten Ortschaft gehört". Es sei unter allen Beteiligten unbestritten, dass der Müllplatz möglichst weit von Siedlungen entfernt angelegt werden müsse. Der Bürgermeister von Walpersdorf habe in der Verwaltungsgerichtsverhandlung selbst erklärt, er könne nicht verstehen, dass der Müllplatz nicht weiter im Aussenbereich liege.

Zu der Feststellung im Urteil, dass der Anlage und dem Betrieb des Müllplatzes keine öffentlichen Belange entgegenstehen würden, wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass der Gemeinde insbesondere keine unwirtschaftlichen Aufwendungen entstehen würden. Die Zufahrt zum Müllplatz könne von der Strasse an der Vogelherd-Siedlung erfolgen. Ferner sei das Gebäude an die Wasserversorgung und Kanalisation der Stadt Schwabach angeschlossen. "Die Wasserversorgung der Gemeinde, die ein Zweckverband betreibt, wird vom Sondermüllplatz nicht beeinträchtigt - beide Anlagen liegen nicht nur 2 km auseinander, sondern der Grundwasserstrom zieht auch nach den Untersuchungen des Wasserwirtschaftsamtes nach Nordosten" führte das Gericht weiter aus.

Der Planungswille der Gemeinde sei zwar grundsätzlich als "öffentlicher Belang" zu werten, falls er in einem Flächennutzungsplan seinen Ausdruck gefunden habe. "Aber abgesehen davon, dass für das Gebiet der Gemeinde Walpersdorf erst der Entwurf eines Flächennutzungsplans aufgestellt ist, in dem zudem noch das Gelände des Müllplatzes als Lehmanbaugebiet eingezeichnet ist, steht die vom Bürgermeister und der Ortsplanungsstelle vorgetragene künftige Planung dem Vorhaben des Zweckverbandes nicht entgegen". Das Gebiet westlich des zur Zeit noch durch Igelsdorf führenden Schwabacher Weges, der später noch weiter nach Westen begradigt werden soll, sei für eine Bebauung mit gewerblichen oder Industriebauten vorgesehen. "In einem Gewerbegebiet können aber nicht erheblich be belästigende Gewerbebetriebe, in einem Industriegebiet sogar Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind, zugelassen werden".

Überdies würden auch die örtlichen Gegebenheiten des Sondermüllplatzes für geraume Zeit einer Bebauung entgegenstehen. Die Tongrube sei unbestritten zum Teil bis zu 16 m tief abgebaut, so dass sie erst aufgeschüttet und verfestigt werden müsste, damit dort Gebäude errichtet werden könnten.
"Aus diesen Gründen wird auch die Befiedigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung von Walpersdorf durch die Anlage des Müllplatzes nicht geschmälert werden."

Es habe daher nicht mehr näher geprüft werden müssen, ob der Gemeinde auf Grund der von ihr zu erfüllenden Aufgaben nach dem Wohnungsbaugesetz ein Recht zustehe, dem Bauvorhaben des Zweckverbandes entgegenzutreten. Aus den gleichen Erwägungen könne es auch dahingestellt bleiben, "ob die Gemeinde für die Erholungsbedürfnisse ihrer Bewohner Sorge zu tragen und ob sie deswegen die Anlage des Sondermüllplatzes ablehnen darf".

Jedenfalls würden - so meinte das Gericht - "auch diese Bedürfnisse durch den Müllplatz geschmälert, da eine ausgebaute Ton- und Sandgrube wohl kaum für die Erholung geeignet ist".

Die Planungshoheit der Gemeinde sie ferner nicht rechtswidrig dadurch eingeschränkt, dass ihr durch die Anlage des Müllplatzes jede Möglichkeit genommen wäre, innerhalb ihrer Gemarkung Wohnbaugebiete nachzuweisen. Wie die mündliche Verhandlung ergeben habe, solle das Gebiet östlich des Schwabacher Weges, das im Entwurf des Flächennutzungsplans noch als gewerbliche Fläche vorgesehen sei, für eine Bebauung mit Wohnhäusern vorgesehen werden. Ferner sei bereits eine weitere Fläche für diesen Zweci im Südosten von Igelsdorf im Flächennutzungsplan eingezeichnet, so dass das Gelände für eine Wohnbebauung für mindestens 500 Bewohner ausgewiesen werden kann.

"Dass die weitere Splitterbebauung im Südosten der Vogelherd-Siedlung der Stadt Schwabach sich nicht verfestigen oder gar noch erweitern soll, kann nicht beanstandet werden" heisst es in dem Urteil weiter. Auch die Gemeinde Walpersdorf denke nicht daran, dieses bebaute Gelände an die Stadt Schwabach abzutrennen, obwohl diese dort die Erschliessung in vollem Umfange durchführe.

Andere öffentliche Belange könne die Gemeinde im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens nicht geltend machen, erklärte das Verwaltungsgericht abschliessend. So sei es "weder die Aufgabe der Gemeinde für den Schutz des Grundwassers zu sorgen, noch zu verhindern, dass durch bauliche Anlagen das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet wird".

Es sei auch nicht Aufgabe der Gemeinde, "zu verhüten, dass der Müllplatz durch Gerüche, Geräusche, Dämpfe, Rauch und Russ die Umgebung beeinträchtigt".

Diese Aufgaben habe das Landratsamt als Baugenehmigungsbehörde. Aus diesem Grunde habe das Verwaltungsgericht in dem lediglich von der Gemeinde eingeleiteten Verfahren keine Gutachten darüber angefordert, ob der Müllplatz das Grundwasser verunreinigt oder die Umgebung durch Gerüche, Rauch usw. beeinträchtige.

"Die Gemeinde hat auch nicht die Aufgabe, die Belange ihrer Bürger gegenüber der Bauaufsichtsbehörde geltend zu machen", stellte das Verwaltungsgericht zu der vom Landratsamt erteilten Baugenehmigung fest.
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